Zum Gedenken an Olivier Lasserre
Ausgebildeter Biologe, Landschaftsarchitekt für das Leben, Fotograf für die Kunst der Erde, Strukturalist der Landschaft: Am 3. Januar 2024 ist der Lausanner Landschaftsarchitekt Olivier Lasserre in seinem 71. Lebensjahr nach langer Krankheit verstorben.
Olivier Lasserre hat 1982 sein Biologiestudium an der Universität Neuchâtel abgeschlossen. Bereits seine Lizentiatsarbeit über die Strukturen der Agrarlandschaft, insbesondere die Vielfalt der Hecken als Träger der Biodiversität, zeugt von seiner Leidenschaft für die Landschaft. 1986 bis 87 besuchte er als Fachhörer die Kurse und Workshops in Landschaftsarchitektur bei Prof. Dieter Kienast am Interkantonalen Technikum Rapperswil, heute OST. Er hat sich der Landschaftsarchitektur also «von aussen» genähert, was sein Schaffen stets prägte. 1991 gründete er das Landschaftsarchitekturbüro Paysagestion SA. Seine Aufforderung “dezoome, dezoome, dezoome” (auszoomen, auszoomen, auszoomen) liegt seinen Angestellten heute noch im Ohr. Olivier Lasserre hat sie gelehrt, über den Projektperimeter hinauszudenken, ihn in einem größeren Kontext zu betrachten und mit dem Territorium zu verbinden. Er war in allen Massstäben zuhause und bearbeitete sie mit grosser Umsicht und Sorgfalt. Vom regionalen Richtplan bis zur Abdeckung der Baumscheibe. Geradezu programmatisch für seine Arbeitsweise ist der Titel eines Vortrags, den er 2008 in Chandigarh hielt «landscape structures – patterns for the project, the prospecting reading of the landscape, seen at various scales». Landschaftsstrukturen als Muster für das Projekt.
Mit seinem Team von Paysagestion gewann er mehrere Wettbewerbe zur Gestaltung des öffentlichen Raums in der Westschweiz. Die Liste der realisierten Projekte ist sehr lang. Zu den wichtigsten Planungen gehören die Studien zur 3. Rhonekorrektur (2005-2008), der Regionale Richtplan Broye (2010) oder die landschaftlichen Leitlinien für das Agglomerationsprogramm II Fribourg (2010-2012). Vorwiegend in der Westschweiz hat Olivier Lasserre eine grosse Zahl von öffentlichen Räumen geschaffen oder neu definiert. Mit dem Robert-Walser-Platz in Biel (2004), dem Parc des Rives in Yverdon-les-Bains (2009), Stadtzentrum und Place du Marché in Renens (2011) und der Landschaftsplanung in Sion (2013), war er an nicht weniger als vier Wakker-Preisen beteiligt. Für den Espace de l’Europe und den Bahnhofplatz erhielt die Stadt Neuchâtel 2007 den Prix ASPAN (heute EspaceSuisse). Unvergessen bleiben auch die temporären Gärten von Lausanne Jardins wie der Hopfengarten «Passage» 1997 oder die zum Träumen einladende «Passerelle Rêve».
Neben seiner beruflichen Tätigkeit war Olivier Lasserre, bis es seine Krankheit 2020 nicht mehr zuliess, 30 Jahre lang ein aktives und engagiertes Mitglied des BSLA. Während acht Jahren leitete er die Regionalgruppe Westschweiz des BSLA und schrieb regelmässig für Anthos und anderen Fachpublikationen zu seinen Projekten, zu gestalterischen und konzeptionellen Ansätzen, zu Ausbildungsragen oder ganz einfach zur Landschaft. Von 2007 bis 2017 war er Mitglied der Kommission des Schultess Gartenpreises.
Als passionierter Fotograf hielt er die Landschaft auch in Serien von Luftbildern fest, um Strukturen der Kulturlandschaft und ihre Einbettung ins «grand territoire» festzuhalten. 2005 erschien sein Buch «L’art de la terre», eine Sammlung fantastischer Senkrechtaufnahmen von Agrarflächen entlang der Rhône zwischen dem Wallis und der Camargue. Die deutsche Ausgabe erschien ein Jahr später unter dem Titel «Kultivierte Erde».
Mit seiner grossen Schaffenskraft, seinem weiten Horizont und seiner unstillbaren Neugierde, war er ein Wegbereiter der Anerkennung der Landschaftsarchitektur in der Westschweiz und deren Aufschwung. Als engagierten Menschen mit mannigfaltigen Qualitäten werden wir ihn in Erinnerung behalten.
Peter Wullschleger